In Zeiten hoher Energiekosten ist es nicht unbedingt eine erfreuliche Nachricht: In den kommenden Tagen wird es kälter. Gleichzeitig ist es wichtig, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Um Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen, ist der Primärenergiebedarf im Gebäudesektor nach Erkenntnissen des Weltklimarates IPCC gegenüber dem Jahr 2000 bis 2050 um 50-85% zu senken [1]. Die Bundesregierung strebt daher bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand in Deutschland an [2]. Diese Strategie hat Eingang in verschiedenste Gesetze wie die Energieeinsparverordnung EnEV oder das Gebäudeenergiegesetz GEG gefunden, die den Primärenergieverbrauch von Gebäuden regeln und erforderliche bauliche Maßnahmen für Neu- und Bestandsbauten vorschreiben [3].
Die gelebte Realität sieht oft anders aus, liegt doch der Primärenergiebedarf von Gebäuden nach wie vor zwischen gut gedämmten, seltenen 40 kWh/(m²*a) bis weit über 250 kWh/(m²*a) bei älterem Bestand. Vom angestrebten „klimaneutral“ ist das weit entfernt. Und es hilft auch leider nicht denjenigen, die jetzt heizen müssen. Zwar stellt die Heizenergie nur einen Teil des Primärenergiebedarfs dar, sie macht dabei aber oftmals den Löwenanteil aus, weshalb ein Ansatz hier den größten Hebel verspricht. Aber: Dazu oft erforderliche bauliche Maßnahmen sind teuer und meist nicht kurzfristig umsetzbar. Der Energiebedarf lässt sich aber auch strategisch reduzieren; dank Digitalisierung sogar ohne Komforteinbußen.
Heizstrategien – ein Überblick
- Statische Temperatureinstellung:
Raumthermostate halten die Temperatur konstant auf 20°C. Die Wohlfühltemperatur ist bei Arbeitsbeginn lange erreicht bzw. durch körperliche Anstrengung (Arbeitsweg) auch kurzfristig überschritten. Der Energieverbrauch ist am höchsten, da auch während der Nacht durchgehend geheizt wird. Hier sind naturgemäß große Einsparpotentiale vorhanden. Den größten Hebel stellt die Nachtabsenkung der Vorlauftemperatur an der zentralen Heizanlage dar. Diese Maßnahme ist überdies kostenlos.
- Manuelle Temperaturregelung:
Zu Arbeitsbeginn bzw. –ende werden die Thermostate durch Mitarbeiter gesteuert. Das Gebäude ist über die Nacht entsprechend der Nachtabsenkung abgekühlt und wird erst ab Arbeitsbeginn wieder aufgeheizt. Eine Wohlfühltemperatur wird erst nach einigen Stunden erreicht, weshalb eine Nachtabsenkung nur geringfügig möglich ist, da die Temperaturen sonst bei Arbeitsbeginn deutlich zu niedrig sind. Weiter kann es zu absichtlich herbeigeführtem „Überheizen“ durch bereits ausgekühlte Mitarbeiter kommen.
Neben der Gefahren durch „vergessene“ abgedrehte Heizkörper – Einfrieren von Rohrleitungen, Schimmelbildung – müssen solche Maßnahmen, sollten sie denn einen messbaren Erfolg bewirken, auch durch die Mitarbeiter getragen werden. Eine Sensibilisierung ist vonnöten und Anforderungen an Komfort schränken die Akzeptanz möglicherweise ein.
- Digitale Temperaturregelung:
Eine mögliche Lösung der Zielkonflikte: Das digitale Heizkörperthermostat. Die einfachste Variante wird über Bedienelemente und Display eingestellt. Es lassen sich zeit- und tagesabhängige Heizphasen und Temperaturen programmieren. Höherpreisige Modelle verfügen darüber hinaus über eine Funkverbindung, können via Accesspoint und WiFi-Anbindung in (vorhandene) Smart-Home-Systeme integriert werden und lassen sich komfortabler über App oder Webinterface programmieren. Der Mehrwert der Vernetzung liegt in der Möglichkeit einer zentralen Steuerung über Raumthermostat, effizientere automatische Temperaturabsenkung mit Tür- oder Fensterkontakt und Möglichkeiten zur Fernsteuerung bzw. Monitoring über einen Webserver. Alle Modelle regeln die Stellung des eigentlichen Heizkörperventils über einen Stellmotor.
Die Regelung der Raumtemperatur kann dadurch vollständig durch die Heizkörperthermostate nach programmierten Heizzeiten erfolgen. Dadurch ist beispielsweise eine stärkere Nachtabsenkung möglich, während dennoch rechtzeitig zu Arbeitsbeginn eine angenehme Raumtemperatur erreicht ist. Ebenso kann die Absenkung der Temperatur zum Arbeitsende bereits früher beginnen. Durch die zeit- und wochentagabhängige Heizsteuerung ist auch das „Vergessen“ des Heizthermostats kein Thema mehr. Auch zum Lüften geöffnete Fenster werden je nach Gerät über Temperaturabfall oder dedizierten Sensor zuverlässig erkannt und der Heizkörper während des Lüftens automatisch abgestellt.
Durch optimierte Heizzyklen können gegenüber statischer Temperaturregelung durch manuelle Regelung ca. 15 %, bei digitaler Regelung ca. 25 % der benötigte Heizenergie und damit CO²-Ausstoß und Kosten ohne Komforteinbußen eingespart werden.
Obwohl ein autarker Betrieb der Thermostate über energy harvesting generell möglich wäre, werden erhältliche Module bislang mit Batterien betrieben. Je nach Ausstattung kann mit einer Batterielebensdauer von ein bis vier Jahren gerechnet werden. Ein Betrieb mit wiederaufladbaren Akkumulatoren (auf Akkutechnologie mit geringer Selbstentladung „ENELOOP®“ achten) senkt zwar nicht unbedingt die Betriebskosten, hilft jedoch beim Umweltschutz.
ROI – Return on Investment?
Bei angenommenen 12ct/kWh und einem Heizwärmebedarf von 100kWh/(m²*a) können pro m² beheizter Fläche etwas über 3€/Jahr an Heizkosten eingespart werden. Mit einem Heizkörper(-thermostat) pro 20m² Bürofläche ergibt sich so ein ROI schon nach drei bis 15 Monaten. Bereits getroffene Dämm- oder Energiesparmaßnahmen wie zentrale Nachtabsenkung oder manuelle Temperaturregelung verringern naturgemäß das Einsparpotential. Hier ist der Komfortgewinn einer automatischen Temperaturregelung wohl der maßgebliche Faktor.
Die meisten Kosten spart natürlich eine Heizanlage, die nicht in Betrieb ist. In diesem Sinne: Über die Feiertage einfach mal abschalten*!
*Bitte Vereisungs- bzw. Frostschutz beachten!
Ansprechpartner:
Mathias Eiber
Modellfabrik Vernetzung
Telefon: 03677/69-3865
E-Mail: eiber@kompetenzzentrum-ilmenau.de
Quellen:
[2] https://www.bauen.de/enev.html
[3] https://www.gesetze-im-internet.de/geg/
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