Die Digitalisierung verändert das Handwerk grundlegend, indem sie traditionelle Arbeitsweisen revolutioniert und neue Möglichkeiten für Effizienzsteigerung und Innovation eröffnet. Durch den Einsatz digitaler Technologien können Handwerksbetriebe ihre Prozesse optimieren, die Kommunikation verbessern und neue Geschäftsmodelle entwickeln. Die Digitalisierung bietet dem Handwerk zahlreiche Chancen, sich weiterzuentwickeln und zukunftsfähig zu bleiben, indem sie die Branchen modernisiert und an die Anforderungen der heutigen Zeit anpasst.
Die Einführung digitaler Technologien kann jedoch mit hohen Investitionskosten verbunden sein, die für kleinere Handwerksbetriebe eine finanzielle Belastung darstellen können. Eine Möglichkeit, mitzuhalten, ist die Implementierung von Retrofit-Lösungen, die es ermöglichen, bestehende Maschinen und Anlagen durch digitale Technologien aufzurüsten. Durch Retrofit-Lösungen können Handwerksbetriebe ohne den Kauf neuer Maschinen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren und wettbewerbsfähig bleiben. Es ist eine kostengünstige Möglichkeit, die vorhandene Ausrüstung auf den neuesten Stand zu bringen und den Anforderungen des modernen Marktes gerecht zu werden.
Praxisbeispiel: Erfolgreiche Umsetzung von Retrofit im Handwerk
Ein Beispiel für den gelungenen Einsatz digitaler Technologien findet sich in einer Dachdeckerei aus Nordrhein-Westfalen. Durch den Einsatz innovativer Sensorlösungen wird die automatisierte Dichtigkeitsprüfung und -überwachung der Gebäudehülle revolutioniert – ganz gleich, ob es sich um Dachkonstruktionen, Fassaden, Terrassen oder Keller handelt. Das in die Sensorlösung integrierte Monitoringsystem, das aus fortschrittlicher Sensorik und Künstlicher Intelligenz besteht, überwacht kontinuierlich Feuchtigkeit und Temperatur in Gebäuden, insbesondere in Dächern. Mit dem IoT-System können Feuchtigkeitsschäden frühzeitig erkannt und behoben werden. Die Künstliche Intelligenz unterstützt dabei, aus Erfahrungen zu lernen, sich an neue Informationen anzupassen und die Abläufe insgesamt zu vereinfachen. Das eingesetzte Sensorsystem hat das Ziel, vorausschauende Wartung zum Standard zu erheben und langfristig die Bearbeitung von Gebäudeschäden zu optimieren.
Demonstratorlösungen im Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
Das Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau präsentiert verschiedene Beispiele für Retrofit-Lösungen. Ein solches Beispiel ist die Nachrüstung von CNC-Maschinen mit Sensoriklösungen, die dann in die Steuerungssysteme integriert werden, um so die Präzision und Effizienz der Bearbeitungsprozesse zu steigern. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Integration von Sensoren in bestehende Anlagen, um Echtzeitdaten zu erfassen und potenzielle Ausfälle frühzeitig vorherzusagen. Darüber hinaus können auch die Implementierung von IoT-Lösungen zur Fernüberwachung und -steuerung von Maschinen sowie der Einsatz von Data-Analytics-Tools zur Optimierung von Produktionsabläufen als Beispiele für Retrofit im Handwerk genannt werden. Solche Maßnahmen können auch Handwerksbetriebe dabei unterstützen, ihre Betriebsabläufe zu modernisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk stellt ebenfalls Lösungen für den Einsatz von Retrofit vor. Darüber hinaus können weitere Lösungsvorschläge auf der Demonstratorenplattform oder der Projektplattform von Mittelstand-Digital eingesehen werden.
Quelle: Michal Jarmoluk – Pixabay
Zusätzlich zu den Angeboten von Mittelstand-Digital stehen Handwerksbetrieben weitere wertvolle Anlaufstellen zur Verfügung. Im Folgenden möchten wir eine dieser Optionen kurz vorstellen.
Kompetenzzentrum für Robotik und Sensorik in Erfurt
In einer Zeit, in der Digitalisierung und Robotik im Handwerk eine immer bedeutendere Rolle spielen, stellt die Errichtung des bundesweit ersten Kompetenzzentrums für Robotik und Sensorik (KRS) am Berufsbildungszentrum (BBZ) der Handwerkskammer Erfurt einen Meilenstein in der handwerklichen Ausbildung dar.
Ziel des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projektes ist die Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsangeboten auf den Gebieten des Einsatzes von moderner Robotertechnik und Sensorik in den Gewerken Elektrotechnik, Metalltechnik sowie Maler und Fahrzeuglackierer. In der Förderperiode von 2022 bis 2026 stehen dem Projekt, in dem sechs Mitarbeiter aus verschiedenen Fachgebieten tätig sind, 1,2 Millionen Euro zur Verfügung.
Das Berufsbildungszentrum verfolgt mit dem Kompetenzzentrum für Robotik und Sensorik das Ziel, Erkenntnisse aus neuesten technologischen Entwicklungen ganzheitlich in die Aus- und Weiterbildung des Handwerks zu integrieren. Dabei werden die vorhandenen Strukturen und die Technik des BBZ, z.B. die seit 2020 aufgebauten Schulungszellen für Robotikanwendungen, verschiedene Schweißroboterzellen sowie eine Produktionsstraße mit kollaborierenden Tischrobotern in das neu zu entwickelnde Weiterbildungskonzept integriert. Dieses Weiterbildungskonzept entsteht als modulares System mit fünf Grundlagen- und 5 Aufbaumodulen, die z.Z. als Selbstlernmodule (Online-Kurse) und Präsenz- und Praxis-Module ausgelegt sind.
Mit Unterstützung von Partnern aus Forschung und Industrie sollen die neuen Lehr- und Lernkonzepte für das Handwerk praxisnah und zukunftsfähig erarbeitet, erprobt und umgesetzt werden, damit die aktuellen technischen Entwicklungen dem Handwerk einen enormen Innovationsschub verleihen können.
Die Einsatzpotenziale von Robotern werden allerdings nicht allein durch moderne technische Lösungen bestimmt. Auch die passenden betrieblichen Bedingungen, das gewerkspezifische Know-how und der Servicecharakter werden im Rahmen des Kompetenzzentrums für Robotik und Sensorik eine wichtige Rolle spielen, damit sich das Handwerk innovativ und zukunftsgerichtet weiterentwickeln kann.
Ansprechpartner:
Dr. Frank Spiller
Modellfabrik Smarte Sensorsysteme
Tel: +49 3677 8749-361
E-Mail: spiller@kompetenzzentrum-ilmenau.de
Bildquellen
- Roboter Greifarm: Michal Jarmoluk – Pixabay