Die deutsche Wirtschaft hat sich im ersten Halbjahr als widerstandsfähig erwiesen. Trotz des Krieges in der Ukraine und der in dessen Folge drastisch gestiegenen Energiepreise blieb die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal unverändert. Insgesamt hat sich die deutsche Volkswirtschaft im ersten Halbjahr besser entwickelt als von vielen Beobachtern erwartet. Allerdings sorgen die seit Mitte Juni reduzierten Gaslieferungen, die nochmals gestiegenen Energiepreise, die fortwirkenden Lieferengpässe sowie die allgemein erhöhte Unsicherheit für deutlich schlechtere Aussichten für das zweite Halbjahr.
Die deutsche Wirtschaft hat sich im ersten Halbjahr widerstandsfähig gezeigt – Ausblick weiter von Unsicherheit geprägt
Die konjunkturelle Stimmung in Deutschland ist weiterhin zweigeteilt. Einerseits haben sich wichtige Kennzahlen für die deutsche Wirtschaft im Juni positiv entwickelt. So stiegen die Industrieproduktion und die Warenexporte an und die Warenimporte liegen weiter auf hohem Niveau. Andererseits deuten vorausschauende Indikatoren und Stimmungsdaten wie die Auftragseingänge und das ifo Geschäftsklima auf eine Verschlechterung der Wirtschaftsleistung im zweiten Halbjahr hin. Vor allem die reduzierten Gaslieferungen aus Russland drücken die Stimmung und eine weitere Drosselung stellt das Hauptrisiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung dar.
Die Lage bei den weltweiten Lieferketten bleibt ebenfalls angespannt, auch wenn sich das aus China stammende Frachtvolumen zuletzt wieder erholte. Die Engpässe dürften jedoch im zweiten Halbjahr anhalten, sodass die Aussichten für den deutschen Außenhandel verhalten ausfallen. Die Unsicherheit und die hohe Inflation wirkten belastend auf das Konsumklima: Die Einzelhandelsumsätze waren zuletzt wieder rückläufig. Die Inflationsrate sank im Juli zwar erneut leicht auf +7,5 %, liegt damit aber immer noch auf einem Niveau wie während der ersten Ölkrise im Winter 1973/74 im früheren Bundesgebiet. Nach wie vor sind es vor allem die Preise für Energie und Nahrungsmittel, die die allgemeine Teuerung treiben. Der eingeführte Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket sorgten allerdings für eine gewisse Entlastung. Die weitere Entwicklung des Preisniveaus hängt vor allem am Fortgang der Energielieferungen aus Russland sowie an der Reaktion der EZB auf die hohen Inflationsraten.
Insgesamt zeigt sich aber ein solides erstes Halbjahr, in dem die deutsche Wirtschaft einige Widerstandskraft bewies: Das Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Quartal nach neuen Berechnungen vom Statistischen Bundesamt merklich aufwärts korrigiert worden und robust gewachsen. Im zweiten Quartal wurde dieses Niveau gehalten. Mancher Beobachter hatten in diesem Zeitraum eine rückläufige Entwicklung erwartet. Die bisherige Entwicklung war also besser als gedacht.
Weiterhin kein signifikanter Anstieg der Insolvenzen
Die rückläufige Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen der vergangenen beiden Jahre hält weiterhin an und die Zahlen bleiben auch im Jahr 2022 bisher weiter unter Vorjahresniveau. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 lagen die beantragten Unternehmensinsolvenzen um etwa 4 % unter dem Wert des entsprechenden Vorjahreszeitraums.
Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen als Frühindikator für die zukünftige Insolvenzentwicklung ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juli 2022 um -4,2 % gegenüber dem Vormonat gesunken. Damit setzte sich der bereits im Juni 2022 beobachtete Rückgang (-7,6 % ggü. Mai 2022) weiter fort. Ein signifikanter Anstieg der Insolvenzen ist derzeit nicht in Sicht, allerdings stellen die Folgen des Kriegs in der Ukraine ein zusätzliches Risiko für die Unternehmen dar, dessen Auswirkungen auf das Insolvenzgeschehen im weiteren Jahresverlauf nur schwer abzuschätzen sind. Experten des IW Halle rechnen aufgrund des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds für das Gesamtjahr 2022 mit einem etwas höheren Insolvenzaufkommen als im Vorjahr.
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