Am 18. April 2024 fand in der historischen Orangerie in Saalfeld das Industrieforum Smarte Fertigung statt, bei dem Experten und Entscheidungsträger aus der Industrie zusammenkamen, um über die neuesten Entwicklungen im Bereich der intelligenten Produktion zu diskutieren.
Das in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Clustermanagement, der ELMUG eG, dem Thüringer Zentrum für Maschinenbau und dem Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau veranstaltete Event brachte 35 Teilnehmende aus der Industrie zusammen, um über das Thema „Digitaler Zwilling und digitaler Produktpass“ zu informieren.
In verschiedenen Vorträgen mit anschließenden Diskussionsrunden wurden Themen wie Digitalisierung, Automatisierung und virtuelle Repräsentation behandelt. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, ihr Wissen zu vertiefen, neue Kontakte zu knüpfen und von Best Practices anderer Unternehmen zu lernen.
Die Veranstaltung begann mit einem interessanten Vortrag von Sebastian Koch, TMP Fenster + Türen GmbH, über den digitalen Fensterpass „Windowconnect“ entlang des gesamten Produktlebenszyklus. Dieser digitale Produktpass wird durch einen Barcode im Fensterprofil abgebildet und dient zur Identifizierung der Fenster einerseits für den Hersteller und den Monteur und andererseits für den Kunden. Letzterer hat die Möglichkeit, sein eigenes Fenster auf der Homepage von TMP zu identifizieren, womit er Zugriff auf den Kundenservice oder passende Produkte und Zubehör (Insektenschutz etc.) erhält. In der anschließenden Fragerunde wurde über die Langlebigkeit des Codes gesprochen und die Anbringung im Fensterrahmen. Zur Langlebigkeit des Codes hatte Herr Koch keine Bedenken, da sich dieser als Aufkleber in der Fensterfalz an mehreren Stellen am Rahmen befindet, die nicht direkt dem Wetter ausgesetzt sind. Ein Laserbearbeitungsverfahren für die Herstellung des QR-Codes direkt auf dem Rahmen kam aus gesundheitlichen Gründen nicht in Frage, da dabei gesundheitsbedenkliche Dämpfe für die Mitarbeiter entstehen können.
Quelle: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
Eine andere Form des digitalen Zwillings stellte Frank Seiferth, Geschäftsführer SEITEC GmbH, vor. Es handelt sich dabei um eine Fingerprinting-App, die in einem ZIM-Kooperationsprojekt mit dem Fraunhofer IWU Chemnitz entstand. Die modular aufgebaute App basiert auf einer Edge-Technologie und kann für die Zustandsüberwachung von NC-gesteuerten Werkzeugmaschinen eingesetzt werden. Zunächst werden in einem Testzyklus vollautomatisch alle wichtigen Maschinen- und Betriebsparameter der z.B. Werkzeugmaschine erfasst. Später kann dann die Testprozedur erneut durchgeführt werden. Die Auswertung zeigt, in welchem Zustand die Maschine aktuell ist. Mit der App lässt sich dann die Wartung von Werkzeugmaschinen besser planen und vorhersagen. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, die Lösung vor Ort an einem Demonstrator zu besichtigen.
Um den Mehrwert von OPC-UA in der Maschinenanbindung ging es im Vortrag von Markus Joachim, MSVH GmbH & Co. KG. OPC-UA (Open Platform Communications Unified Architecture) ist ein Industriestandard für die Kommunikation und Vernetzung von Maschinen und Anlagen in der Industrie 4.0. und ermöglicht eine herstellerunabhängige, sichere und zuverlässige Datenübertragung zwischen verschiedenen Systemen und Geräten in der Produktion. In der Maschinenanbindung spielt OPC-UA eine wichtige Rolle, da es eine standardisierte Schnittstelle bereitstellt, um Maschinen, Steuerungen, Sensoren und andere Komponenten miteinander zu verbinden. Durch die Verwendung von OPC-UA können Maschinen nahtlos miteinander kommunizieren, Daten austauschen und Informationen in Echtzeit übermitteln.
Nach einer kurzen Kaffeepause, die von den Teilnehmenden gut genutzt wurde, um sich auszutauschen und zu vernetzen, startete die zweite Vortragsrunde.
Prof. Dr. Gunther Notni, Fraunhofer IOF und TU Ilmenau, stellte in seinem Vortrag einen mobilen photogrammetrischen 3D-Handscanner „goSCOUT3D“ vor. Dieser liefert zentrale Daten von Objekten oder Szenen für die Erstellung von digitalen Zwillingen. Der so erstellte digitale Zwilling ermöglicht wichtige Assistenzfunktionen für die Planung und Überwachung in unterschiedlichen industriellen Prozessen, für die Wartung und Fertigung. Mithilfe des Scanners können verschiedenen Einsatzszenarien, wie zum Beispiel im Baugewerbe zur Prüfung der Lage eines eingebauten, aber nicht mehr ersichtlichen Bauteils abgebildet werden. Die 3D-Daten können aber auch für E-Commerce oder zur digitalen Konservierung von Kulturgütern genutzt werden. Zum Schluss präsentierte Prof. Dr. Gunther Notni noch seinen eigenen digitalen Zwilling.
Quelle: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
Dass es unterschiedliche Verständnisse und Definitionen eines digitalen Zwillings gibt, stellte Uwe Schulz, Rex Automatisierungstechnik GmbH in seinem Vortrag klar. Während ein digitaler Zwilling einerseits als ein virtuelles Abbild eines Objektes oder Systems angesehen werden kann, versteht die Firma Rex Automatisierungstechnik GmbH darunter ein 3-dimensionales mechatronisches Verhaltensmodell einer Maschine. In seinem Vortrag ging er auf die virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen ein und stellte eine innovative Lösung vor, die es Unternehmen ermöglicht, virtuelle Modelle ihrer Produktionsanlagen zu erstellen: „FactoryWare® Virtual Replica (ViRa)“. Diese virtuellen Repliken bieten eine detaillierte und realistische Darstellung der physischen Anlagen und ermöglichen es den Unternehmen, verschiedene Szenarien und Optimierungsmöglichkeiten zu simulieren. Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, vor Ort an einem Demonstrator der Firma einen näheren Einblick zu erhalten.
Zum Schluss folgte ein Vortrag von Dr. Alexander Kulik von der Firma Consensive GmbH, einer Ausgründung aus der Forschungsgruppe Virtuelle Realität und Visualisierung der Bauhaus-Universität Weimar, die sich mit dem Thema soziale Mixed Reality, 3D-Datenanalyse und Präsentation beschäftigten. Besonders beeindruckend war die Vorstellung der modularen Software VR4more. Diese implementiert ausgabesensitives 3D-Geometrie-Streaming, anwendungsübergreifende Vernetzung und effiziente Verhaltensmodellierung. Sie kann in einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Anwendungskontexte eingesetzt werden, u. a. für die Ausbildung, Produktion und Instandhaltung.
Die Veranstaltung bot den Teilnehmenden eine einzigartige Plattform zum Austausch von Wissen, Erfahrungen und Best Practices. Ein abschließendes Get-together am Ende der Veranstaltung nutzten die Teilnehmenden für ausführliche Gespräche und zum Netzwerken.
Das Industrieforum Smarte Fertigung in der Orangerie Saalfeld war ein voller Erfolg und hat gezeigt, dass die intelligente Produktion weiterhin im Fokus der Industrie steht. Die Veranstalter bedanken sich bei allen Teilnehmenden und Referenten für ihr Engagement.
Wir freuen uns auf das nächste Industrieforum am 18. September 2024!
Sollten Sie Fragen oder Anregungen zu einem der Themen haben, sprechen Sie uns gerne an:
Ansprechpartner:
Dr. Frank Spiller
Modellfabrik Smarte Sensorsysteme
Tel: +49 3677 8749-361
E-Mail: spiller@kompetenzzentrum-ilmenau.de
Bildquellen
- Vorstellung neuer Technologien im Bereich digitalier Zwilling: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
- Kaffeepause und Zeit zum Netzwerken: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
- Industrieforum Smarte Fertigung in der Orangerie in Saalfeld: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau