Thema des Forums war dieses Jahr die Vollautomatisierung der Produktionsabläufe und die Mensch-Maschine Interaktion in KMU. Die Experten aus Wissenschaft und Praxis zeigten, wie die Nutzung von künstlicher Intelligenz die Arbeit in KMU erleichtert und gleichzeitig effizienter gestaltet. Mithilfe dieser Digitalisierungstechniken können präzise Vorhersagen zu komplexen technischen Abläufen bis hin zu realistischen Zukunftsszenarien für kommende Geschäftsjahre getroffen werden. Neben der Automatisierung der Produktion waren auch die adaptive und effektive Zusammenarbeit von Mensch und Maschine sowie die Bedienung von Kundenbedürfnissen mithilfe digitaler Technik Thema des Forums.
Zahlreiche Institutionen, wie z.B. das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Ilmenau, die Thüringer Aufbaubank und die Deutsche Industrieforschungsgemeinschaft Konrad Zuse e.V., begleiteten die Veranstaltung mit Informationsständen.
Künstliche Intelligenz und Lernende Systeme: Chancen und Nutzen für KMU
Dr. Uwe Riss (SAP Research & Innovation Hub) und Dr. Markus Dicks (Bundesministerium für Bildung und Forschung) gaben gleich zu Beginn interessante Einblicke zu den Themen „Künstliche Intelligenz (KI)“ und „Lernende Systeme“. Durch große Fortschritte im KI-Bereich ist es möglich, immer komplexere Aufgaben an Maschinen, Roboter oder Softwaresysteme zu übertragen. Auf diese Weise unterstützen die Technologien die Menschen am Arbeitsplatz. Gerade für schwierige Arbeitsumgebungen ergeben sich hier – auch für KMU – neue Chancen. Die Plattform Lernende Systeme prüft jedoch auch die Grenzen dieser Innovationen. Denn KI wirft auch viele juristische, ethische, sicherheitsbezogene und soziale Fragen auf. Da KI ja auf vielen Daten basiert, wurde extra für die Thematik DS-GVO eine eigene juristische Arbeitsgruppe der Plattform „Lernende Systeme“ gegründet.
„Können wir Maschinen bestrafen?“
Dass diese Konsequenzen der neuen Technologien nicht nur Chancen, sondern auch Risiken bergen, stellte Prof. Dr. Thomas Klindt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht bei Noerr, anschaulich dar. Zurzeit existiert ein rechtliches Durcheinander beim Thema „Industrie 4.0“. Auch die Frage, wem Maschinendaten gehören ist – im Gegensatz zu den durch das Datenschutzrecht gesicherten personenbezogenen Daten – noch nicht geklärt. Bisher sind dafür extra geschlossene „Data Pooling“-Verträge die einzige Lösung für Verbesserungsprozesse anhand von Big Data. Eines steht fest: die Rechtsituation muss und wird sich in Zukunft ändern.
Mensch. Maschine. Digitalisierung.
Herr Hans Hermann Söffing, geschäftsführender Gesellschafter der Senova GmbH, gab in seinem Vortrag einen Einblick in die erfolgreich absolvierten Digitalisierungsprozesse seiner Firma. Ein erhöhtes Produktionsaufkommen kombiniert mit hoher Produktdiversität bei kurzen Serienlängen stellte die Senova GmbH vor neue Herausforderungen. Die Digitalisierung und Automatisierung waren die Lösung. Die Arbeitsstationen arbeiten nun so autark wie möglich und erkennen ihre Aufgabe automatisch anhand des zugeführten Werkstückträgers. Die Arbeit unter Trocken- und Reinraumbedingungen kann nun automatisiert erfolgen und die Arbeiter müssen nicht mehr in diesen schwierigen Arbeitsumfeldern arbeiten. Das Credo der Umstellung war, die Mitarbeiter bei den Prozessen einzubinden, und nicht, sie zu ersetzen. Söffing betonte dabei: „Die Digitalisierung ist die einzige Überlebenschance die man hat als KMU.“
Dr. Lajos Szabó, Leiter der Forschungsgruppe POLYTRONIC am TITK Rudolstadt berichtet über die Prozessverknüpfung von Multifunktionsmatte, Roboter, Fräsmaschine und Spanntechnik. Dank dieser kollaborativen Automatisierung werden nun in der Firma Helmut Richter Feinwerktechnik GmbH die Mitarbeiter entlastet, denn das zeit- und kraftraubende Oberflächenfinish beim Schweißen wurde nun von Robotern übernommen.
Auch Dr. Thomas Rücker von IPOL – Institut für Produktorganisation und Logistik GmbH referierte in seinem Vortrag über ein gelungenes Automatisierungskonzept am Beispiel eines Automobilzulieferers. Dank RFID-Technologie kann das betroffene Unternehmen nun papierlos und wesentlich effizienter arbeiten. Zusätzlich wurde der Wertstrom anhand eines simplen „24-Regeln“-Konzepts, das unter anderem Prinzipien wie Trennung von Produktion und Logistik beinhaltet, verschlankt.
Bessere Technik – vielfältigere Anwendung
Was heutzutage alles mit neuen Technologien möglich ist erklärte Prof. Dr. Frank Barthelmä von der GFE Schmalkalden, an der auch die Modellfabrik Prozessdaten des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Ilmenau angesiedelt ist, anhand neuartiger Lösungen für sensorgeführte Mess- und Bearbeitungsoperationen in Schleifbearbeitungszentren. Immer leistungsfähigere Sensoren führen zu neuen, bisher nicht möglichen Einsatzgebieten. Als Beispiel diente ein Laserliniensensor, der Werkstücke in einer Mess- und Auswertzeit von zehn bis zwanzig Sekunden auf Ausreißer in der Oberfläche überprüft.
Dr. Klaus Ettrich (CiS Erfurt) berichtete von der Forschung an Sensoren für den Einsatz unter schwierigen Bedingungen („harsh environment“). Mikrokraftsensoren für medizinische Applikatoren beispielsweise können bei Operationen an Herzkranzgefäßen dem Chirurgen wichtiges Feedback geben. Aber auch Schraubenverbindungen an schwer zugänglichen Stellen (z.B. Windrädern) können mit Hilfe solcher Silizium-Mikrosensoren überwacht werden.
Firmenbesuche als besonderes Highlight
Im Anschluss an die Vorträge hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, das Technikum Automatisierungssysteme der TU Ilmenau oder die Modellfabrik Migration im Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme (IMMS) besuchen. Das Angebot fand regen Zuspruch.