Am 13. und 14. September 2022 startete in Köln wieder Europas führende Digitalisierungsinitiative – sie verbindet Konzerne, den Mittelstand, Start-Ups, Politik, Visionäre und Experten in einer gemeinsamen Community. Rund 60.000 Teilnehmer erlebten die relevantesten Megatrends und Innovationen, vier Themenquartiere lockten mit interaktiven Playgrounds, Brandhouses und Pop-up-Stores. Unter dem Motto „Gemeinsam das Morgen erleben und gestalten“ verwandelten sie die Kölner Innenstadt in die Stadt der Zukunft, zeigten Highlights der Digitalisierung und machten Technologie anfassbar.
Bühnen, Playgrounds, Brandstores & Themen-Talks
Zwischen Mediapark und Belgischem Viertel entführen rund 300 internationale Top-Speaker auf zahlreichen Indoor- und Outdoor-Bühnen in neue Dimensionen der Wissenskultur, Gesundheit, Sicherheit, Mobilität, Globalisierung, Nachhaltigkeit und Zukunft der Arbeit. Megastars wie Steve Wozniak (Apple-Mitgründer) und Jessica Alba (The Honest Company, Inc.) reihen sich unter die Referenten. Das gesamte Programm ist digital gesteuert, per App abrufbar und navigierbar, die Vorträge können live sowie im Stream verfolgt werden. Alles was man braucht ist eine starke Akkuleistung auf den mobilen Endgeräten, denn wie überall klemmt es auch hier an der Energieversorgung.
Deutschland steckt fest – Aufbruch in Fortschritt und Verantwortung nötig
Fasziniert erleben die Teilnehmer, wie Arbeit und Leben in einer digital vernetzten Welt aussehen können. Doch die Unternehmer und Wirtschaftsbosse, Moderatoren und Journalisten betrachten das Geschehen nicht nur durch die magentafarbene Brille der technischen Möglichkeiten – in den Themen-Talks und Vorträgen fällt immer wieder Kritik am technischen Rückstand der Bundesrepublik hinsichtlich Netzausbau und Infrastruktur. Mahnungen der Verantwortung im Zuge technologischer Entwicklungen werden laut. Telekom-Vorstandsmitglied Tim Höttges findet in seiner Eröffnungsrede deutliche Worte für den deutschen Rückstand. Weil Deutschland zu wenig (2021 nur 1% des Bruttoinlandsprodukts) in Forschung und Entwicklung investiere, sei das ehemalige Glanzlabel „Made in Germany“ längst nicht mehr Garant für Fortschritt und Qualität. Es brauche Dichter, Denker und Digitalisierung.
Deutschland braucht 3 D – Dichter, Denker und Digitalisierung
Mit dem Apple-Mitgründer Steve Wozniak und den Genius-Ingenieuren Chris Anderson (Kitty Hawk) und Han Zhang (Team Elon Musk) reihten sich ebensolche brillianten Denker in die Themen-Talks der Digital X ein. Menschen wie sie gab es immer wieder in der Weltgeschichte: Überzeugt von der Idee, der technischen Umsetzbarkeit und dem Dienst der Technologie am Menschen treiben sie den Fortschritt an. Doch noch dürfen ihre Drohnen-Taxis nirgendwo auf der Welt fliegen, überschreiten AI-basierte Gedankenscanner die Grenze des Erlaubten.
„Die Welt entscheidet, ob eine Technologie gut oder schlecht ist“, meint Chris Anderson. Sie hinterfragt: Was nützt es dem Menschen, den Unternehmen, der Gesellschaft? Denn der Verstand des Menschen hält den Argumenten des Marktes entgegen: Wofür kann die Technologie missbraucht werden? Journalist Claus Kleber fragt die Ingenieure des Silicon Valley ganz direkt: Vertraut ihr tatsächlich darauf, dass wir alle so gute Menschen sind und nicht den Versuchungen der Marktkräfte unterliegen? Chris Anderson ist überzeugt: „Yes, let´s try something new!“
Whistleblowerin Frances Haugen hingegen zeigt am Beispiel Facebook, wie eine gutgedachte Technologie die Demokratie gefährden kann. „Was wir sehen, ist doch keine Realität, sondern die lautstarke Hassrede von Minderheiten, die durch Facebook erst eine Plattform erhalten“. Sie erinnert daran, dass Software für Menschen gestaltet ist und daher ebenso helfen sollte, solche Fehlfunktionen zu beheben, die Freiheit und Demokratie durch Desinformation bewusst gefährden.
Herausforderung zwischen Funktion und Verantwortung
Die Herausforderung des technologischen Fortschritts war, ist und bleibt damit, ein Gleichgewicht zwischen ihrer Funktion und dem verantwortungsvollen Umgang damit herzustellen. Egal ob im Mikrokosmos der Individuen, im Wirtschaftssystem der Staaten oder in den Gesellschaften unserer globalen Welt: Solange die Welt das Gleichgewicht nicht sichergestellt sieht, wird sie sich gut überlegen, ob das Science Fiction Szenario Utopie bleiben sollte oder Realität wird.
Fakt ist auch: Die Utopien der Science Fiction Filme sind schon heute technisch umsetzbar. Tim Höttges folgend sollte der Entscheidungsprozess viel schneller und mutiger vonstatten gehen: So benötige Deutschland schon heute mindestens 10 Jahre, um den technischen Rückstand der globalen Digitalisierungsinitiative aufzuholen. Es braucht Reformen, Experten und Investitionen, sonst wird „Made in Germany“ der Claim eines Industriemuseums. Wie sehr Deutschland hinterherhängt, zeigt der Breitband-Ausbau immer wieder deutlich – hier sind andere Länder meilenweit voraus. Mit Blick auf die Netzabdeckung in Deutschland ist also davon auszugehen, dass der Utopia-Blockbuster hierzulande nur verzögert gesendet wird, während andere Länder bereits an der Fortsetzung basteln.
Bildquellen
- Digital X: © Mittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
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