Der 3D-Druck gilt allgemein als ressourcenschonende Technologie und nachhaltige Alternative zu traditionellen Fertigungsmethoden. Dieser Blogbeitrag zieht Bilanz zur tatsächlich bisher erreichten Nachhaltigkeit der additiven Technologien und 3D-Druckmaterialien im Kunststoffbereich.
Nachhaltigkeit des 3D-Drucks allgemein
Die Verbreitung der 3D-Druck-Technik in Unternehmen hat in den letzten Jahren zugenommen. Immer mehr Unternehmen integrieren 3D-Druck in ihre Fertigungsprozesse. Laut mehrerer deutschlandweiter Umfragen (bitcom, itwelt, Ultimaker) aus den letzten vier Jahren besitzen zwischen 40 und 70% der Unternehmen aus dem produzierenden Bereich firmeneigene 3D-Druck-Technik. Diese wird bisher hauptsächlich für die Herstellung von Anschauungsmodellen, Prototypen, Ersatzteilen, Kleinserien und Sonderanfertigungen verwendet.
Die Verwendung des 3D-Drucks in der Massenproduktion ist nach wie vor die Ausnahme. Der 3D-Druck eignet sich insbesondere für Kleinserien vor der endgültigen Produkteinführung: Hat sich die additiv hergestellte Kleinserie bewährt, erfolgt die anschließende Massenproduktion noch immer meist im Spritzguss. Spürbare, nachhaltige Auswirkungen des 3D-Drucks sind also bisher eher begrenzt. Die herkömmlichen Produktionsverfahren für die Massenproduktion sind nach wie vor wirtschaftlicher als die bisher entwickelten 3D-Druckverfahren. Daraus folgt auch, dass es sich bei oft genannten Argumenten für die Nachhaltigkeit des 3D-Drucks lediglich um Potenziale handelt. Das Einsparen von Transportwegen durch eine vom 3D-Druck ermöglichte dezentrale und regionale Produktion beispielsweise, kommt erst zum Tragen, wenn tatsächlich im großen Umfang additiv produziert wird. Dasselbe trifft auf das Argument zu, dass 3D-Druck eine bedarfsgerechte Produktion ermöglicht, welche die Verschwendung von Material durch die Herstellung lediglich notwendiger Güter vermeidet. Dennoch könnte sich diese Situation mit der prognostizierten Ressourcenverknappung und -verteuerung in Zukunft ändern.
Ein großes Potenzial des 3D-Drucks liegt in der Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Durch die Möglichkeit, beschädigte oder abgenutzte Produkte zu reparieren und Teile aus rezyklierten Materialien herzustellen, unterstützt der 3D-Druck das Konzept des Wiederverwertens und Recycelns von Ressourcen. Dies trägt dazu bei, Abfallmengen zu reduzieren und den Bedarf an neuen Materialien zu verringern.
Eine Voraussetzung dafür ist die Verankerung des Rechts auf Reparierbarkeit in der Gesetzgebung, um Geschäftsmodelle, die beispielsweise auf die geplante Obsoleszenz setzen, zu unterbinden. Jedoch wirft die Möglichkeit, Ersatzteile additiv herzustellen, Urheberrechtsfragen auf, die noch geklärt werden müssen. Die neu zu gestaltenden, rechtlichen Rahmenbedingungen müssen die Gratwanderung meistern, das geistige Eigentum von Produkten im 3D-Druck-Umfeld zu schützen, ohne Innovation, Kreativität und das Entstehen neuer Geschäftsmodelle zu behindern.
Nachhaltigkeit des 3D-Druck-Materials
Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Beurteilung der ökologischen Nachhaltigkeit des 3D-Drucks ist das verwendete Material. Die Nachhaltigkeit der Materialien wird dabei von mehreren Faktoren beeinflusst, wie der Herkunft der Ausgangsstoffe für die Kunststoffsynthese, der Kompatibilität der Materialien mit bestehenden Ökosystemen, den Transportwegen während des Lebenszyklus und der Rezyklierbarkeit.
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Rezyklierbarkeit
Einer der wichtigsten Aspekte zu Beurteilung der Nachhaltigkeit von 3D-Druckmaterialien ist die Rezyklierbarkeit. Die effektivste Methode, ressourcensparend zu wirtschaften, liegt in einer möglichst langen Verweildauer der Ressourcen im Wertstoffkreislauf. Was 3D-Druckmaterialien betrifft, sind aktuell vor allem thermoplastische Materialien (potenziell) rezyklierbar, das heißt, sie können durch Erhitzung und Schmelzen wiederverwertet werden.
Hingegen gestaltet sich die Rezyklierung von kunstharzbasierten Materialien bisher als problematisch. Für ihre Verflüssigung müssten sie chemisch in ihre Grundbestandteile zerlegt werden, was im großtechnischen Maßstab bisher nicht gelöst ist. Demzufolge sind 3D-Druckverfahren auf Kunstharzbasis wie das Digital Light Processing (DLP), die Stereolithographie (SLA) und das Multijet Modeling (MJM) tendenziell als weniger nachhaltig einzuschätzen, als beispielsweise der Filament- und Granulatdruck.
Etablierte Ansätze zur Wiederverwertung von 3D-Druckmaterial gibt es bisher vor allem im Bereich des Filamentdrucks. Eine Möglichkeit besteht darin, mithilfe eigener Technik Filamente aus Kunststoffresten herzustellen. Anleitungen zum Bau von Anlagen zum Zerkleinern, Extrudieren und Aufwickeln von Filamenten sind online als Download verfügbar. Alternativ bieten verschiedene Hersteller wie QiTech und 3devo fertige Maschinen zur Filamentherstellung an. Allerdings ist es im Hinblick auf Nachhaltigkeit ratsam, solche Maschinen nur dann anzuschaffen, wenn ihre Auslastung gewährleistet ist, da andernfalls der CO₂-Fußabdruck für die Herstellung der Maschinen größer sein könnte als die potenzielle CO₂-Einsparung.
Eine zunehmend verbreitete Entwicklung ist die Vermarktung von rezykliertem Filament. Unternehmen wie beispielsweise QiTech, Filamentworld und Formfutura vertreiben mittlerweile eine Vielzahl gängiger, rezyklierter 3D-Druckmaterialien, darunter Polymilchsäure (PLA), modifiziertes Polyethylenterephthalat (PETG), Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer (ABS), thermoplastisches Polyurethan (TPU) und Polyamid (PA). Die verwendeten rezyklierten Kunststoffe stammen größtenteils aus industrieller Produktion.
Ein Start-up aus Braunschweig, die Recycling Fabrik GmbH, geht noch einen Schritt weiter, um 3D-Druckmaterialien im Wertstoffkreislauf zu halten: kostenlos entgegengenommen werden Fehldrucke und überschüssiges Filament aus PLA und PETG ab einer Menge von zwei Kilogramm. Abhängig von der Menge, der Sauberkeit und der Reinheit der Materialien gewährt das Unternehmen Rabatte auf die nächste Bestellung von rezykliertem Filament in ihrem Online-Shop.
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Erneuerbare Quellen und Bioabbaubarkeit
Um fossile Ressourcen zu schonen, sollten die Grundmaterialien für die Kunststoffherstellung idealerweise aus erneuerbaren Quellen stammen – sei es aus nachwachsenden Rohstoffen oder direkter CO₂-Gewinnung. Beispiele für nicht-fossile Kunststoffe sind Polyhydroxyalkanoat (PHA) und Polymilchsäure (PLA).
Ob diese aus erneuerbaren Quellen stammenden Materialien zur Klimaschonung beitragen, ist schwieriger zu beantworten und bedarf einer umfassenden Lebenszyklusanalyse (LCA). Diese berücksichtigt Aspekte wie Energieaufwand während der Herstellung, Transportwege, Rezyklierbarkeit, Entsorgung und ob die im Lebenszyklus verbrauchte Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Bei biobasierten Rohstoffen kommen zudem Faktoren wie Anbaufläche, Umweltauswirkungen durch Düngemittel und Wasserverbrauch hinzu. Lebenszyklusanalysen sind extrem komplex und zeitaufwendig. Sie erfordern die Erhebung vieler Daten. Richtlinien zur Durchführung von Lebenszyklusanalysen (LCA) lassen aber noch immer zu viel Spielraum, um Konsistenzmängel bei den Methoden auszuräumen und zu ausreichend objektiven Ergebnissen zu führen.
Im Fall von bioabbaubaren Kunststoffen – Materialien, die in einem nicht festgelegten Zeitraum durch mikrobiellen Einfluss zu CO₂, Wasser und Biomasse abgebaut werden – erfordert eine LCA auch das Betrachten von Umweltfaktoren wie Zersetzungszeit in verschiedenen Ökosystemen und das potenzielle Entstehen von Mikroplastik. Zum Beispiel benötigt die als umweltverträglich vermarktete Polymilchsäure (PLA) in natürlicher Umgebung mindestens 80 Jahre, um sich vollständig abzubauen, wobei es sich in dieser Zeit lediglich in kleinere Kunststoffpartikel zersetzt. Die Kompostierung ist nur in speziellen, bisher in Deutschland sehr wenig verbreiteten Anlagen möglich und der resultierende Kompost ist aufgrund fehlenden Stickstoffs von geringem Nutzen. Bislang gibt es für den 3D-Druck von Kunststoffen noch kein kommerziell erhältliches Material, das bei unkontrollierter Freisetzung in die Natur unbedenklich wäre. Zugegebenermaßen kollidiert dieser Anspruch auch mit der häufig geforderten und im Sinne der Kreislaufwirtschaft angestrebten Langlebigkeit von Kunststoffen.
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Füllstoffe aus Naturfasern
Ein deutlich erkennbarer Trend der letzten Jahre ist, einen Teil des Kunststoffes durch pflanzliche Reststoffe zu ersetzen. Bei den dabei entstehenden Gemischen aus Kunststoff und Naturfasern wird in der Regel Polymilchsäure (PLA) als Kunststoffmatrix verwendet, aber auch andere Kunststoffe kommen zum Einsatz. Kommerziell verfügbar sind Filamente, die bis zu 40% aus pflanzlichen Reststoffen bestehen. Die Palette der genutzten Reststoffe ist breit gefächert und umfasst Holzabfälle, Muschelschalen, Flachsfaserreste, Bierproduktionsabfälle wie Bagasse, Kaffeesatz, Hanfschäben, Überbleibsel aus der Weizen- und Hopfenverarbeitung sowie Olivenkerne.
Die Idee, Kunststoffe durch die Verwendung von Reststoffen einzusparen, erscheint auf den ersten Blick sinnvoll. Allerdings resultiert daraus bisher nicht zwangsläufig ein nachhaltigeres Material. Oftmals lassen sich die mit Naturmaterialien gefüllten Kunststoffe gar nicht oder nur unzureichend rezyklieren, da für jeden spezifisch mit Naturmaterial gefüllten Kunststoff ein geeigneter Recyclingansatz gefunden werden muss. Des Weiteren neigen viele Naturstoffe dazu, Wasser aufzunehmen und zu speichern. Bei Materialien wie PLA und Polyamiden (PA) kann dies zu einem verstärkten Abbau durch Hydrolyse führen, was wiederum zu einer Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften der gefüllten Kunststoffe mit jedem Rezyklierungszyklus führt.
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Fazit
Insgesamt zeigt sich, dass die Nachhaltigkeit des 3D-Drucks ein komplexes Thema ist. Die Beurteilung der Nachhaltigkeit hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab, darunter die spezifische Anwendung, das Druckverfahren, die Materialwahl und der gesamte Lebenszyklus des Produkts. Es ist wichtig, diese verschiedenen Aspekte sorgfältig abzuwägen, um das Potenzial des 3D-Drucks für eine nachhaltigere Produktion bestmöglich zu nutzen.
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Nehmen Sie gern Kontakt auf:
Ansprechpartner:
Dr. Kerstin Michalke
Modellfabrik Virtualisierung
Tel: +49 3641 205-390
E-Mail: michalke@kompetenzzentrum-ilmenau.de
Bildquellen
- Firefly Recycling und 3D Druck: © Adobe Firefly
- Firefly Pflanzen gehen in einen 3D-Drucker und werden dort verarbeitet: © Adobe Firefly
- Firefly Kreislaufwirtschaft und 3D Druck: © Adobe Firelfy
- Firefly Kompost und 3D-Drucker: © Adobe Firefly
- Nachhaltiger 3D-Druck: © Bing Image Creator